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Multifunktionswerkstoff Torf

Verwendung der Wasen, Abnehmer-Kosten-Entlohnung

Aus „Oberschwäbische Weiher und Seen“ von Werner Konold 01 Seite 150-152
Man benötigte Torf als Brennmaterial für den Hausbrand, umgewandelt in Torfkohle in zahlreichen gewerblichen Betrieben , etwa in Brennereien, Salzsiedereien, Ziegeleien, Treibhäusern, Brauereien, in der Zuckerfabrik Altshausen, Bleichanstalt Weißenau, zum Heizen der Dampflokomotiven. Durch Destillation gewann man Öl, durch Verschwelen Ruß. Torfmull war Isoliermaterial in den Eiskellern und Streumittel in städtischen Aborten. Aber auch als Stalleinstreu besonders nach der Umstellung von Getreide auf Milchviehwirtschaft. Hierzu wurde meist der Abraum und Weißtorf verwendet. Laut Ludwig Roth hat man mit Wasen auch Fachwerk ausgemauert! Im Vorseer Torfstich waren es jährlich 200.00 Stück Wasen. Im Oberamt Ravensburg wurden 50 Millionen Stück pro Jahr „consumiert“ bzw. verkauft (O.Fraas 1860).

Beschreibung des Oberamts Ravensburg. 1836 „…Da aber kein Mangel an Holz ist,…. Die Preise des Torfs sind daher sehr gering: 1000 Stück Rasentorf kosten an Ort und Stelle 15 bis 30 kr…..“

Aus D.Walcher (03): Seite 183 Schultheiß Valentin Erne an das Oberamt im Jahr 1896:…; neben Ökonomiebetrieb und Obstzucht steht vor allem die Gewinnung von Torf durch Grundbesitzer in bedeutender Blüte.“ (Gemeindearchiv Wolpertswende)
Hierzu D. Walcher…., Torf wurde nur als Hausbrand verwendet…. Die Gemeinde bezog jährlich 38000 Stück Torf für die Heizung der Schule und des Rathauses und bezahlte für 1000 Stück samt Beifuhr 3.20 Mark. Das war nicht gerade viel und Torfstechen war zudem eine schwere Arbeit.

Beschreibung des Oberamts Saulgau/Kapitel A 6
Torfstiche sind fast überall angelegt.. Das Tausend Stück hat einen Preis von 1 fl. 30 kr. bis 2 fl. An einem Tag wurde früher ein Stollen gestochen (etwa 6000 Wasen). Der Verdienst in den 50er Jahren lag für den Stecher bei 17 DM je Tag und für die Helfer bei acht DM je Tag (wenn der Bauer selber nicht helfen konnte oder wollte).

(Erschienen: SZ 09.05.2008 01:01)
Beim bäuerlichen Torfstich wird, wenn überhaupt, nur die Sticharbeit vergeben. Diese erforderte Kraft, gute Technik und Routine. Im Taglohn wurde diese mit 2,5 bis 3.0 Mark bezahlt. Oder aber im Akkord 1-1,5 Mark pro Tausend, wobei der Akkordant seine beiden Hilfskräfte selbst zu entlohnen hat, während sie bei Taglohnstich gewöhnlich von der Familie des Torfwirts gestellt bzw. bezahlt werden. Die Stichleistung ist natürlich abhängig vom Fleiß, der Kraft und Geschicklichkeit des Stechers. Das Stechen ist eine sehr mühselige und anstrengende Arbeit. Ferner wird die Tagesleistung beeinflusst durch das Vorkommen von Stockholz und Letten-Einschichtungen. Deren Entfernung musste der Akkordstecher als unwirtschaftliche Arbeit in Kauf nehmen. Weitere Schwierigkeiten: mangelhafter Wasserabzug, besonders bei länger anhaltendem Regen. All diese Momente lassen die Tagesleistung schwanken zwischen 3000 und 10.000 Stück Wasen! (40)

Die Arbeitsgeräte und Technik

zweiohriger Wasenspat

Zunächst wurde der Wasenstich abgeräumt. Holzteile und wertloser Abraum werden auf Haufen geworfen, oder aber in bereits ausgebeutete Stiche. Gelegentlich wurde der weiche Torfmull auch als Streumaterial im Viehstall verwendet. Wasenstechen war eine schwere Arbeit und erforderte geübte, kräftige Männer mit guter Technik. Ein guter Wasenstecher schaffte am Tag zwischen drei – und zehntausend Stück Wasen!

Ein Wasenstich hatte eine Fläche ca. 2x4m bis 5x6m groß und ca. 2m tief. Zwischen bereits ausgebeuteten Stichen ließ man eine Wand stehen, um das Wasser zurück zu halten. Man stach so tief und so nah an diese Wand, bis diese einstürzte, oder eindringendes Riedwasser das Weiterstechen unmöglich machte. Erst als 1873 -74 die Kanäle von Südtiroler Gastarbeitern gegraben wurden, konnte tiefer gestochen werden. Danach hat man die Riede nochmals um weitere Schichten abgestochen, teilweise bis zur Tonmudde.

Wasen wurde mit einem „Spätle“ oder „Wasenspat“ zu etwa brikettgroßen Stücken Stollenrand geworfen. Das machte der „Stecher“. Auffangen, auf einen „Wasenkarren“ „beigen“ und zum freien Lagerplatz fahren besorgten ein Helfer oder eine Helferin. Eine dritte Person „bockte“ die frischen „Wasen“ um den „Wasenstecken“ in Reihen zum „Dürren“ auf, so dass Sonne und Wind von allen Seiten die nassen Torfstücke erreichen konnten. Für rationelles Arbeiten waren in einem Stich also mindestens drei Personen im Einsatz! Nach zwei bis drei Wochen wurde wiederholt „umgebeigt“. Erst wenn die Wasen gut ausgetrocknet waren, erfolgte die Abfuhr oder die Zwischenlagerung in Torfhütten. Abfuhr war meist Ende Juli oder August.

„Wasenspat“ Es gab links - rechts- oder zwei - ohrige Ausführungen. Die Größe der Wasen war immer nahezu gleich –ca. 10 x 10 x 30 bis 35 cm Länge. Mit einem breiten, glatten und ohrlosen Spat wurde die Wand hinten in Wasenlänge vorgestochen. Dieser Spat (norddeutsch „Pflatsche“) hatte einen Tritt nach vorne, um auch in der glatten, senkrechten Wand mit dem Fuß treten zu können.

"Wasakarra"

Der „Wasakarra“ besaß ein eisenbeschlagenes Holzspeichenrad.

Wasenkarren

Wasenhütten

Einige Wasenstichbesitzer errichteten Hütten zum Lagern der trockenen Vasen. In wenigen Tagen war der Jahresbedarf einer Familie gestochen. Die Trocknungsarbeiten und das „Umbeigen“ waren leichtere Arbeit und konnten auch von Frauen und Kindern bewältigt werden. Wasen – Fuhrwerk. Zur Abfuhr der getrockneten Wasen hatte man meist Pferde - Kuh- oder Ochsengespanne. Um vier Uhr am Morgen zog man oft schon los. War man zu spät, wurden Rinderbremsen und Schnaken den Zugtieren zur Plage. Wild geworden von den Stichen ihrer Peiniger waren die Tiere kaum mehr zu bändigen!

Wasenhütte
Wasenhütten
Wassenhütten mit Schienen

Wasen - Fuhrwerk

Zur Abfuhr der getrockneten Wasen hatte man meist Pferde - Kuh- oder Ochsengespanne. Um vier Uhr am Morgen zog man oft schon los. War man zu spät, wurden Rinderbremsen und Schnaken den Zugtieren zur Plage. Wild geworden von den Stichen ihrer Peiniger waren die Tiere kaum mehr zu bändigen!

Bilder

Infotafel Torfstich
Abstichkante
Abstichkante zum Blindsee
Torfstich mit „Lumpenzeug“ gefüllt
Torfstich am Riedmeckelerweg
Wasenstich im Dolpenried

Alte Maß- und Währungseinheiten

Württ. Umrechnungsdaten Flächenmaße, aus Dienstanweisung für Felduntergänger“ von 1895

1 Hektar ha = 100 Ar = 10000 qm - 1 Ar = 100 qm - 1 ha = 3 1/8 Morgen + 18,3728 QRuten = 3,172 Morgen
1 Morgen = 31,51745 Ar = 0,315171 ha - 1 Morgen = 31 Ar 52 qm = 3152 qm -1 Tagwerk = 1,5 Morgen

Gulden (Florin, fl) Jahr 1600 1 g Gold= 0,4 fl= 7,0 g Silber= 203,8 g Kupfer. Grundlage: 1 fl = 60 kr

Befragte Zeitzeugen aus Wolpertswende und Umgebung

Vom 29.05. bis 13.07.2013 wurden von G. Tempel folgende 15 Zeitzeugen befragt:

  • Ludwig Roth Niedersweiler, geb. 24.02.1936
  • Josef Reich, Wolpertswende
  • Ernst Neher, Niedersweiler
  • Franz Berger, Wolpertswende
  • Albert Schill, 92 Jahre alt, Schmiedgasse, Wolpertswende
  • Josef und Maria Heitele, Wolpertswende / Bruggen
  • Toni und Konrad Funk, Herrengasse, Wolpertswende.
    "Wasen Wolf“ war in Funk’s Haus in der Herrengasse Wolpertswende daheim. Er war der Ur-Opa von Toni Funk. Sein richtiger Name war Gangolf Steinhauser. Er hat Wasen verkauft in Wolpertswende, Aulendorf, Ravensburg.
  • Karl Spanninger, Altshausen und Ernst Spanninger aus Stuben. „Dolpenriedexperten“
  • Walter Steinhauser, Hatzenturm
  • Frau Fricke, Frau Beate Falk Archivamt Ravensburg. Quelle vieler Fotos und Landkarten.
  • Hofkammer Altshausen Archivamt Dr. Eberhard Fritz zusammen mit Josef Fürst
  • Josef Fürst, Vorsee – Vor Ort in seinem Wald „Unteres Ried“ bei Langholz.
  • Bruno Eisele, Vorsee
  • Josef Reich sen. Wolpertswende im Torfgebiet bei Langholz und im Mettisried.

Erstellt: 25.07.2013 Gerhard Tempel
Historischer Zeitraum: Ab 100 n.Ch. und ca. 1750-1960
Verfasser/Quellen: Nr. 01 Konold S.150-152 und 171-172, Nr.03 Walcher S.183, 266, 273, Nr.37 PRO REGIO Oberschwaben Wikipedia (siehe Text 9), Nr.36 Tornesch 1985 e.V., Nr.38 Gemeindearchiv Wolpertswende, Nr.39 Stadtarchiv Ravensburg, Nr.40 Freunde der Torfarbeit Wurzach SZ 09.05.2008
Stichwörter: Wolpertswender Torfstich, Lage der Torfstiche, Dornacher Ried, Dolpenried, Torf, Torfarten, Torfnutzung, Torfmoos, Wasen, Moor

Plenum-Projekt

Die Erarbeitung und Erstellung dieser Internetseiten "Geschichte & Geschichten" wurde gefördert im Rahmen des PLENUM-Projektes "Historische Landnutzungsdokumentation" durch PLENUM und der Europäischen Union.