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Die Südbahn

„Nadelöhr im Schussentobel“

Als 1846 mit dem Bau der eingleisigen Südbahn auf der Strecke Ravensburg-Biberach endlich begonnen werden konnte gingen jahrelange Querelen voraus. Ursprünglich sollte durch den Schussentobel statt der Bahnlinie der Donau-Bodenseekanal verlaufen. Das Kanalprojekt scheiterte an der Kostenfrage und an der Tatsache, dass zur Überwindung von Wasserscheide und starkem Gefälle von der oberschwäbischen Hochfläche hinunter zum See hätten 95 Schleusen gebaut werden müssen.

Die Auseinandersetzungen gingen jedoch weiter, weil es für die Streckenführung der Bahn drei Alternativen gab. Neben der Hinhaltetaktik der Ministerien und Behörden in Stuttgart gab es immer wieder Einwendungen. So lehnte etwa Schultheiß Konrad Prielmayer von Altdorf-Weingarten, der auch Landtagsabgeordneter des Oberamts Ravensburg war, den Anschluss Weingartens ab.

Nach etlichen Gutachten entschied man sich endlich im März 1845 für die geradlinigere und kürzere Strecke über Biberach – Aulendorf – Mochenwangen – Niederbiegen- Ravensburg. Obwohl schon damals die Strecke durch den Schussentobel als problematisch eingeschätzt wurde wandten sich fortschrittlich gesinnte Männer aus Handel und Gewerbe mit einer Petition direkt an König Wilhelm I. Dieser nahm sich nicht ganz ohne Eigennutz persönlich um die Sache an und verfügte durch eine Weisung im Oktober 1845 die Aufnahme in den Finanzplan 1845 – 48.

Der Wettlauf zum Bodensee konnte beginnen. Das 1847 gefasste Ziel, die Aufdämmungs- und Chaussierungsarbeiten bis Jahresende 1848 fertigzustellen, wurde nicht erreicht. Ursache hierfür waren nicht wie lange gemutmaßt die revolutionären Unruhen im Frühjahr 1848, sondern der sumpfige, meist aus Moor- und Torfboden bestehende Untergrund im Schussentobel. Neben der Schussenverlegung und Begradigung wurde eine Entwässerung und Aushebung notwendig. Um die Absenkung und seitliche Verschiebung des Bahndamms zu verhindern, wurden Wasserentzugsgräben angelegt.

Bähnchen Gründerzeit
Dampflok im Schussentobel

Mit „dr Schwäb´sche Eisebahne“ fing alles an

ls endlich am 28. Mai 1849 der Streckenabschnitt Mochenwangen – Aulendorf eröffnet werden konnte, war das mit dem heutigen Bahnverkehr nicht vergleichbar. Die Lokomotive war relativ klein, der Zug bestand lediglich aus drei bis fünf Wagen. Pro Tag fuhren vier Züge, später sechs. Es gab nur gemischte Züge. Reine Personenzüge gab es erst ab 1856. Anfangs wurden Holz und Holzkohlen befördert, später weitere Rohstoffe wie Steinkohle, Eisen, Sand und Kies, bald jedoch auch Getreide und Mehl, Bier oder Hopfen und Obst vom Bodensee. Schon um 1900 verkehrten täglich um die 40 Züge auf dem einen Gleis, Zugunglücke durch Zusammenstöße waren vorprogrammiert.

Schon seit dem Deutsch-Französischen Krieg hatte es Forderungen nach einem zweiten Gleis gegeben. Die Ursache lag auch in  neuen technischen Entwicklungen. Lokomotiven, Schienen und Wagen waren nicht mehr zeitgemäß.

Jedoch erst 1911 wurde der zweigleisige Ausbau der Südbahn in Angriff genommen. Wegen den zu erwartenden Schwierigkeiten mit der Gründung auf der Strecke Mochenwangen - Aulendorf  zog sich der Ausbau über das ganze Jahr 1912 hin. Erst im Januar 1913 wurde in Mochenwangen der neue Bahnhof (Baujahr 1911) und das 2. Gleis in Richtung Durlesbach in Betrieb genommen.

Skulpturen Rene Auer

Damit hatte sich die gute Schwäb´sche Eisenbahn endgültig zum wirtschaftlichen Rückgrat Oberschwabens entwickelt. Nach der Gründung Papierfabriken in Mochenwangen (1868) und Baienfurt (1871) begann sich das Schussenbecken zu einer Industrieregion zu entwickeln.

An die Nostalgie der guten, alten Zeit erinnerte bald nur noch das bekannte Volkslied von „dr Schwäb´sche Eisebahne“, welches das traurige Schicksal vom „Bäuerle und dem Goisbock“ besingt, von dem nach der Zugfahrt „blos no Kopf ond Seil an dem hinteren Wagenteil“ übrig blieben. Der von Kindesbeinen an eingeübte Refrain von „de viele Haltstatione, Schtuegert, Ulm ond Biberach, Meckebeure, Durlesbach...“ weist jedoch auch darauf hin, dass das früher eher verschlafene Oberland endlich den Anschluss an die große, weite Welt geschafft hatte.

Erstellt: 02.11.2012, Torsten Alt
Historischer Zeitraum: 1846 – 1913
Verfasser/Quellen: Ludwig Zimmermann, Uwe Schmidt
Stichwörter: Die Südbahn

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