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Bodenbrüter im Föhrenried

Hilfe, wir Bodenbrüter drohen auszusterben!

„Gestatten, mein Name ist Kiebitz, so wie ich rufe: Kiee-bitz, kiee-bitz! Die Vogelkundler nennen mich Vanellus vanellus, was auch immer das heißen mag. Ich bin der lustige Geselle mit den tollen Flugkapriolen, wenn ich der Dame meines Herzens imponieren möchte, der Gaukler der Lüfte mit dem kecken, spitzen Federschopf, der so herrlich metallisch blau glänzt und den ich beeindruckend auffächern kann.

Gerade sind wir mit unseren Freunden aus den Überwinterungsgefilden in Spanien und Südfrankreich zurückgekehrt. Hier ist übrigens meine Auserwählte, Frau Kiebitz, mit der ich eine Familie gründen möchte. Manche Menschen meinen, Kiebitzhähne und Kiebitzhennen gleichen sich wie ein Ei dem andern. Das ist nicht ganz richtig. Wir Männer haben eine imposantere Federtolle auf dem Kopf und unser Gefieder glänzt noch intensiver als das der Damen. Das ist weise eingerichtet, sie soll beim Brüten ja nicht gleich auffallen.

Kiebitz
Wachtel
Feldlerche

Ja, nun sind wir wieder hier im Föhrenried. Vor 5 Monaten verließen wir, wie es sich für Zugvögel gehört, unsere Heimat, nicht weil wir ferne Länder bereisen wollten, sondern weil es hier ab Oktober an Essbarem fehlt: keine Heuschrecken, keine Käfer, nicht einmal Schnecken waren mehr aufzufinden.

Doch hier im Föhrenried gefällt es mir nicht mehr besonders gut. Im vergangenen Jahr waren gerade noch 2 Brutpaare da. Meine Ururgroßmutter hat mir erzählt, vor 40 Jahren hätten hier noch fast ein Dutzend Kiebitzpaare ihre Jungen aufgezogen.

Ja, früher gab es noch Wiesen und Weiden, Getreide- und Kartoffeläcker, so weit das Auge reichte. Da fühlten sich alle Bodenbrüter wohl. Unsere Kleinen konnten sich noch leicht verstecken und Essbares gab es zuhauf. Heute sehe ich meilenweit Mais-, Spargel-und Erdbeerfelder. Das ist nichts für uns Kiebitze, auch nicht für unsere früheren Nachbarn, die Feldlerchen, Wachteln, Bekassinen, Wachtelkönige und Rebhühner.

Ganz schlecht für uns Bodenbrüter ist es, wenn schon im frühen Mai der erste Wiesenschnitt erfolgt und dann noch viermal in kurzen Abständen. Wo sollen wir nur unsere Nester anlegen? Außer uns sind wohl nur noch ein paar Feldlerchen anzutreffen. Zwei bekannte Vogelkundler, R. Ortlieb und Luis Ramos haben 2003 zum letzten Mal eine Liste angelegt, welche Bodenbrüter hier noch aufzufinden waren. (Tabelle und Karte Anh. 1)

Und was sind die Gründe für den Rückgang?

Zum einen, nur noch wenige Bauern wie der Stefan Hermann in Messhausen oder der Baptist Jehle in Staig bewirtschaften ihr Land so, dass für uns geeignete Brutmöglichkeiten bestehen. Und zum anderen wurden zeitweilig soviele Pestizide verspritzt, dass unsere Nahrung vergiftet war. Wenn es im Föhrenried so weiter geht, werde ich mir eine andere Heimat suchen müssen. Meine Kusine sagte mir, sie hätte im vergangenen Jahr in den Schilfwiesen des Schreckensees vier Junge aufgezogen und mit viel Glück und Mut vor Raben, Milanen, Fuchs und Dachs verteidigt. Dabei kommt uns und unserem Nachwuchs zugute, dass die Kleinen schon am zweiten Tag nach dem Schlüpfen das Nest verlassen und selbstständig auf Nahrungssuche gehen können. Die Ornithologen sprechen von Nestflüchtern.

Andere Vögel können sich auf die großen Veränderungen bei der Bewirtschaftung besser einstellen, etwa die Rabenkrähen. Klar, Bäume mit passenden Nistgelegenheiten gibt es zuhauf und Raben finden das ganze Jahr hindurch etwas zum Verdauen. Vielleicht besteht auch für uns Bodenbrüter eines Tages wieder die Chance, die Menschen mit unseren Flugspielen oder dem herrlichen Gesang der Lerchen zu erfreuen. Ich habe allerdings so meine Bedenken. Es wäre schön, wenn ich mich irren würde.”

Die Bedeutung des Föhrenrieds für Bodenbrüter, Überwinterungsgäste und Zugvögel

Die Kartierung wurde im 1. Halbjahr 2003 von Luis Ramos und Rudolf Ortlieb vorgenommen und in der Broschüre Nutzungskonzept Föhrenried des Landratsamtes 2003 veröffentlicht.

Feldlerche

  • Biotp: Acker, Wiesen
  • Status: 18 Brutpaare
  • Flurbezeichnung: Oberes, Unteres Ried, Riedsenn

Kiebitz

  • Biotp: Wiesen, Weiden, Acker
  • Status: 4 Br., Rastplatz für Zugvögel
  • Flurbezeichnung: Saßenwiesen

Wachtel

  • Biotp: Wiesen, Acker
  • Status: 2 Br., Ra
  • Flurbezeichnung:  Oberes Ried

Rebhuhn

  • Biotp: Wiesen, Acker
  • Status: Wintergast

Bekassine

  • Biotp: Feuchte Wiesen, Moor
  • Status: Ra., Wi.

Zwergschnepfe

  • Biotp: Feuchte Wiesen, Moor
  • Status: Ra.

Steinschmätzer

  • Biotp: Wiesen, Weiden
  • Status: Ra.

Pieper

  • Biotp: Wiesen, Hecken
  • Status: Ra., Wi

Kornweihe

  • Biotp: Acker, Wiesen, Weiden
  • Status: Ra.

Das Föhrenried war (ist) ein wichtiges Brutgebiet im Schussenbecken, immer noch ein eminent wichtiges Überwinterungsgebiet und bedeutender Rastplatz für Zugvögel. Es erstreckt sich in Nord-Südrichtung, entsprechend der Hauptzugrichtung der Zugvögel. Die oft schneearmen Riedflächen werden gerne als Winterlebensraum und als Zwischenaufenthalt beim Zug in die nördlichen Brutgebiete angenommen. So mancher Vogelart kommt die offene Landschaft mit verschiedenen Lebensraumtypen im Zusammenspiel mit den Auwaldresten der Schenkenwälder entgegen.

Föhrenried Bodenbrüter Gelege

Erstellt: 28.06.2013, Manfred Traub
Historischer Zeitraum: 1988 - 2012
Verfasser/Quellen:
52) Heine Georg: Ornika-Hefte, Jahrgänge 1988- 2012
55) Landratsamt Ravensburg, 1.7. 2003: Nutzungskonzept Föhrenried
Stichwörter: Föhrenried, Bodenbrüter
Anhänge:
Anh. 1: Karte Föhrenried mit Bodenbrüter
Anh. 2: Zugvögel-Diagramm

Plenum-Projekt

Die Erarbeitung und Erstellung dieser Internetseiten "Geschichte & Geschichten" wurde gefördert im Rahmen des PLENUM-Projektes "Historische Landnutzungsdokumentation" durch PLENUM und der Europäischen Union.