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Schenkenwald

Der Schenkenwald: Vogelschutz-Versuchsrevier seit 1934

Schenkenwald

Der Schenkenwald ist der letzte größere Laubwaldrest im Tal der Schussen. Er ist 75 ha groß. Fast alle einheimischen Laubbäume sind in ihm vertreten, aber Hauptbaumart ist die Eiche (Stieleiche) mit einem Anteil von ca. 40 %. Keine andere Baumart ist Lebensraum für so viele verschiedene Insektenarten. So lebt auch die Raupe des Eichenwicklers ausschließlich von ihren Blättern und frisst dabei ganze Wälder regelmäßig kahl. Das tat sie vor 1934 auch immer wieder im Schenkenwald.

Der Forstmann und Vogelkundler Dr. Otto Henze, Gründer der Vogelschutzwarte Stuttgart-Hohenheim und lange Jahre Leiter der Bayrischen Vogelschutzwarte in Garmisch-Partenkirchen, kam auf die Idee, durch die gezielte Ansiedlung von höhlenbrütenden Singvögeln diesen "Schädling" so weit zurückzudrängen, dass die Eichen wieder weitgehend ungestört wachsen und vor allem wieder regelmäßig Eicheln bilden könnten. So hängte er im Frühjahr 1934 über 600 Nistkästen für seine "Arbeitsvögel" im Schenkenwald auf, verbesserte und verfeinerte deren Konstruktion laufend und kontrollierte den Bruterfolg durch zweimalige Kontrolle in jedem Jahr.

Bis heute läuft dieser Langzeitversuch ohne Unterbrechung, auch über die Kriegs- und Nachkriegsjahre hinweg.

Das ist einmalig in der ganzen Welt!

Und der Erfolg?

Etwa 70 - 80 % der Kästen sind jedes Jahr belegt. Seltene Arten wie der Trauerfliegenschnäpper und die Hohltaube, die früher fast ganz verschwunden waren, bilden heute stabile Bestände. Auch die Fledermäuse nehmen die Nisthöhlen gerne als Schlafplätze an und beteiligen sich an der Insektenjagd. Blaumeisen, Kohlmeisen und Trauerfliegenschnäpper bewohnen etwa je ein Viertel der Kästen, das restliche Viertel teilen sich Kleiber, Baumläufer, Rotkehlchen, Sumpfmeise und andere Meisenarten.

Jedes Jahr sorgen nun Tausende fliegende Helfer dafür, dass die Insekten nicht überhand nehmen. Tatsache ist jedenfalls, dass seit 1934 im Schenkenwald kein spürbarer Insektenfraß mehr aufgetreten ist, obwohl es zur gleichen Zeit in vielen Teilen des Landes zahlreiche verheerende Kahlfraßereignisse an der Eiche gegeben hat.

Warum heißt der "Schenkenwald" so?

In den ersten tausend Jahren nach Christi Geburt war das nördliche Schussenbecken ein schwer zugängliches Wald- und Sumpfgebiet, das immer wieder von der Schussen überschwemmt wurde. Unter der Herrschaft der Welfen-Herzöge, die im Jahr 1056 das Kloster Weingarten gründeten, wurde das Gebiet teilweise gerodet und an den Rändern besiedelt. Der innere Talgrund aber blieb Wald und gehörte der Herrschaft Schmalegg.

m Jahr 1350 heiratet die Schenkin Ursula von Winterstetten-Schmalegg den Ulrich von Hörningen, "zu Bygenburg gesessen" (= die Biegenburg bei Blitzenreute) und bringt den Wald und einiges Fischwasser mit in die Ehe. Einer dieser "Schenken" von Schmalegg, von denen der Wald wohl seinen Namen hat, nämlich der Schenk Konrad, hatte übrigens im Jahr 1240 das Zisterzienserinnen-Kloster Baindt gegründet. Eine erhalten gebliebene Urkunde, bestätigt von König Ruprecht I., belegt, dass der Ulrich von Hörningen die Mitgift seiner Frau am 10. Juni 1404 für 6.000 Gulden an das Kloster Weingarten verkauft hat. In dessen Besitz blieb "der Schenkenwald" bis 1803, als die Klöster zugunsten des Staates enteignet wurden.

Bewirtschaftung als "Niederwald"

Die Mönche hatten den Wald 400 Jahre lang genutzt und zwar sehr intensiv, weil die Entfernung zum Kloster so gering war. Er lieferte ihnen vor allem Brennholz und Gerbrinde, und dazu wurde er alle 20 - 30 Jahre kleinflächig kahlgeschlagen. Nachwuchs gab es aus den wieder ausschlagenden Wurzelstöcken. Bei dieser recht radikalen Bewirtschaftung als "Niederwald" behaupteten sich deshalb vor allem die Baumarten mit gutem Ausschlagsvermögen.

Systematisch gefördert wurde daneben der Anteil der Eiche, die außer Brennholz und der wertvollen Gerbrinde mit ihren Eicheln auch noch Futter für die Schweine lieferte (einen guten Anhang mit Eicheln nennt der Förster deshalb auch heute noch eine "Vollmast").

Außerdem war stärkeres Eichenholz auch als dauerhaftes und hartes Bauholz begehrt. So ließ man später bei der Brennholznutzung immer ein paar Eichen stehen, um sie älter und dicker werden zu lassen: "Mittelwald-Wirtschaft" nennt man diese Wirtschaftsform.

Als dann im 19. Jahrhundert die Kohle das Brennholz zu ersetzen begann, lief auch im Schenkenwald die Brennholzwirtschaft mit ihren kurzen Umtriebszeiten allmählich aus, und man ließ die Bestände zu "Hochwald" zusammenwachsen mit immer stärker werdenden alten Bäumen. Die ältesten Eichen mit über 200 Jahren stammen noch aus dieser Zeit und zeigen, wie langfristig Forstleute denken und planen müssen.

Wunderschönen Altholz-Waldbilder

Heute versuchen die Förster diese wunderschönen Altholz-Waldbilder möglichst lange zu erhalten, indem sie einzelstammweise vor allem solche starken Bäume entnehmen und nutzen, neben denen noch schwächere mit guter lebensfähiger Krone stehen, die deren Platz übernehmen können. Auf diese Weise wird der Schenkenwald ein weiteres Menschenleben lang sein Aussehen kaum wesentlich verändern. Viele Wünsche an den Schenkenwald.

Im Schenkenwald wachsen wunderbare Eichen und Edellaubhölzer: Die Förster möchten den wertvollen und umweltfreundlichen Rohstoff Holz ernten und nutzbar machen. Der Wald ist eine Oase der Ruhe und Schönheit im dicht besiedelten und lauten Schussental: Dessen Bewohner suchen deshalb gerne Erholung und Entspannung in seinem erfrischenden Schatten. Wie eine Insel liegt der Wald in der weitgehend ausgeräumten Feldflur: Er bietet vielen Tieren Zuflucht, Schutz und Nahrung. Auch das Wild zieht sich hierher gerne zurück, und entsprechend geschätzt ist der Wald als Jagdgebiet.

Der Schenkenwald ist der letzte Rest der Laubwälder, die früher die ganze Schussenaue bedeckten: Er steht deshalb unter Naturschutz und beherbergt vor allem eine reiche Pflanzen- und Vogelwelt mit vielen seltenen Kostbarkeiten.

In diesem Spannungsfeld Forstwirtschaft- Erholung- Jagd- Naturschutz allen Ansprüchen einigermaßen und ausgewogen gerecht zu werden, ist fast unmöglich. Das Forstamt als Eigentümer versucht dies trotzdem mit folgendem Konzept:

  • Einzelstammweise Nutzung vor allem zugunsten noch schwächerer aber vitaler Bäume, um das schöne Altholz-Waldbild möglichst lange zu erhalten.
  • Rücksicht nehmen auf seltene Pflanzen und Tiere durch pflegliche Holzernte, Schutz und Erhalt von Höhlenbäumen; Holzeinschlag nur im Winterhalbjahr.
  • Verjüngung nur auf Laubholz und nach Möglichkeit durch Naturverjüngung.
  • Überzeugungsarbeit und notfalls auch sanfter Druck auf die Jägerdamit der Wildbestand nicht überhand nimmt und der junge Wald und seltene Pflanzen nicht aufgefressen werden.
  • Anordnung und Bitte an die Waldbesucher, die Wege nicht zu verlassen, keinen Lärm zu machen, die Tiere nicht zu beunruhigen und keine Pflanzen zu beschädigen oder gar mitzunehmen.
  • Aktiver Vogel- und Fledermausschutz durch das Angebot von Alt- und Totholz und zusätzlich von künstlichen Nisthöhlen.
  • Zusammenarbeit mit allen, die den Schenkenwald und seine Bewohner schützen und bewahren wollen.

Helfen Sie mit, dass auch zukünftige Generationen noch ihre Freude am Schenkenwald haben!